Vorbereitung: 10 Minuten
Zubereitung: 15 Minuten
Portionen: 2
Gruss aus der Küche
Wochentags, 20 Uhr, Kühlschrank dezimiert und „dank“ des Lockdowns liefert niemand mehr in die Vorstadt – neeeiiiinnn. Dieser Situation sah ich mich vor einiger Zeit ausgesetzt und damit gezwungen aus den Rückständen des Kühlschranks ein für die Mühen des Alltags entschuldigendes Dinner zu bereiten. Der erste Gedanke an eine Carbonara war angesichts der Diskrepanz zwischen bereits öfter von mir praktizierter Zubereitung und italienischem Original schnell verworfen (zur Erklärung: in Italien kann man für die Abkürzung mittels Schlagobers/Sahne schon mal mit Pizza beworfen werden). Also mußte ein Weg her mich kreativ so weit von einer Carbonara weg zu bewegen, dass eine Verwechslung sowie meine Ignoranz gegenüber dem italienischen Original ausgeschlossen waren, die Geburtstunde für dieses Gericht.
„Tagada“ ist eine Referenz auf das austro-italienische, verbindende Element dieser Pasta, dem legendären „Tagada“ im Wiener Prater und auf diversen österreichischen und italienischen Jahrmärkten. Es handelt sich dabei um eine zirkulierende Scheibe an deren Rand man sitzt während ebendiese Fahrt aufnimmt und sich nach allen Richtungen auf und ab bewegt. Damit hätten wir analog zu einer Oper von Mozart oder Puccini einmal die Hintergrundgeschichte beziehungsweise die Bühne definiert, auf der sich die dramatische Handlung entfaltensoll. Während die Plattform also die Zentrifugalkraft auf die Körper der (meist) Teenager wirken und diese in Spannung erstarren läßt erhebt sich ein tapferer Jüngling von seinem Sitz und begibt sich in Richtung des Zentrums der Plattform – dem Auge des Sturms wo, den Gesetzen der Physik folgend, die Situation am ruhigsten ist und man auch während der Fahrt noch stehen kann. All dies geschieht meist vor den Augen der ihn bis dahin ignorierenden weiblichen Fahrgäste, womit auch sein Ziel erklärt ist: die Aufmerksamtkeit des femininen Publikums durch „kunstvollen“ Tanz erlangen, er bewegt sich dabei mehr oder weniger geschmeidig gegen die Fahrtrichtung um am Platz zu bleiben und all das mit betonter Lässigkeit (auch in diesem Video ab Minute 1:05 zu studieren: Tagada im Wiener Prater).
Bei diesem Gericht mache ich mir die beim Tagada angewendete Zentrifugalkraft zunutze: durch das schleudern der Pasta wird dieser zusätzlich Stärke entlockt und damit das Gericht „gebunden“ für optimale Konsistenz. Hier heißt es also auch für euch: für einen Abend Held(in) im „Tagada“ sein!
Insider Tipps
- Frische Pasta macht bei diesem Gericht einen echten Unterschied. Man bekommt sie im gut sortierten Supermarkt wenn man keine freie Stunde für ihre Zubereitung hat. Ich empfehle für dieses Gericht Tagliatelle, wobei auch jede andere frische oder im Notfall eben getrockente Pasta passend ist
- Das verwirbeln der Pasta mit der Sauce bekommt das Gericht ein herrliches Mundgefühl. Voraussetzung dafür ist jedoch „al dente“, also bissfest gekochte Pasta, da man sonst eher in unappetitliche Pasta-Pürree Sphären abdriftet
- Beim ablöschen mit dem Cognac lassen sich die aufsteigenden Dämpfe einfach mittels Feuerzeug entflammen – wer also analog zum Tagada-Helden beeindrucken möchte, hat hier die perfekte Gelegenheit dazu
Zutaten (für 2 Personen)
- Je nach Hunger 300-500 Gramm (frische) Pasta, vorzugsweise Tagliatelle
- 1 EL Olivenöl
- 100 Gramm Schinken, in feine Streifen geschnitten
- 1 Schalotte, fein gewürfelt
- 2 Zehen Knoblauch, fein gehackt
- 2 EL Cognac
- 1 EL gehackter, frischer Thymian
- 100 ml Fonds (vorzugsweise Rind/Kalb)
- 50 ml Schlagobers/Sahne
- 1 Ei, geschlagen
- 1 EL frisch und grob gemahlener Pfeffer
- Frisch geriebener Parmesan
Rezept
- In einer Pfanne das Olivenöl erhitzen bis es beinahe (!) raucht und die Schinkenstreifen darin 2 Minuten scharf anbraten
- Temperatur auf 70% reduzieren und nun Schalotte hinzufügen, für weitere 3 Minuten Farbe nehmen lassen, danach um den Knoblauch ergänzen
- Mit dem Cognac ablöschen (an dieser Stelle kann man flambieren – aber dabei bitte Acht geben!) und Obers/Sahne sowie Thymian dazu geben, nun für 4 Minuten etwas vor sich hin köcheln lassen bei 50% Hitze
- Die Pasta nun den Herstellerangaben entsprechend „al dente“ kochen, abseihen (ein bis zwei EL des Kochwasser aufbehalten) und mit der Sauce vermengen. Darüber das geschlagene Ei gießen und ab gehts ins Tagada: dazu bedienst du dich einer großen Gabel oder 2 Asia-Stäbchen und verwirbelst die Pasta mit der Sauce für 5 bis maximal 10 Sekunden. Sollte die Sauce zu dickflüssig dafür sein einfach mit dem rückbehaltenen Kochwasser auf die richtige Konsistenz anpassen – hier ist der eigene Geschmack der einzige Gradmesser
- Zum servieren die fertige Pasta auf dem Teller platzieren und darüber den frisch geriebenen Pfeffer und Parmesan regnen lassen.
Quellen/Links:
Balzverhalten im Tagada
Der passende Wikipedia Eintrag zu diesem Kulobjekt: Tagada
Das vermeintliche Original: Tagada im Wiener Prater
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